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Writer's picturePetra Lohmeier

"Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche..."



Warum das Alte bewahrt und nicht verändert werden muss, und warum es schließlich sterben muss.


...oder zumindest lange genug inaktiviert werden muss, bis die nötigen Veränderungen Fuß gefasst haben.


„...Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche...“


Peter Diamandis hat erst kürzlich auf der a360 2024 etwas sehr Nützliches gesagt, von dem ich wünschte, ich hätte es schon vor Jahren gewusst. Es ging ungefähr so:


Man kann sein altes Unternehmen nicht dazu benutzen, etwas ganz Neues und Innovatives zu machen, egal wie gut es für die Gesellschaft wäre, wie notwendig es ist, wie profitabel, und wie sehr die Welt die Technologie braucht.


Wenn Du das versucht, wirst Du eine Immunreaktion bekommen.


Wenn Du die neuen Möglichkeiten und Visionen nutzen willst, gründe nebenbei eine "Skunk works" - komischer Name, aber es steht für eine Art Guerilla Test Version, so etwas, wie das in dem das iphone erfunden wurde, isolieren diese Firma oder diese Abteilung, und sage den Mitarbeitern, dass Du KEIN konventionelles, sondern ein 10faches Denken willst. Feuer jeden, der versucht, traditionelle Wege zu installieren. Und stelle sicher, dass sie keinen Kontakt zur alten Firma haben, denn die Kollegen in der alten Firma werden versuchen, sie zu entmutigen, sie auszulachen und vielleicht sogar denken, dass sie helfen.


Behalte die alte Firma, schätze sie, aber nutze sie nur für das, wofür sie schon immer genutzt wurde, worin sie gut ist.


Ich hatte nie eine alte Firma, die nicht wendig genug war, um sich zu verändern, denn die Firma bestand im Wesentlichen aus mir und ein paar Partnern/Auftragnehmern, aber natürlich macht es einen großen Unterschied, das Prinzip oben zu verstehen, wenn man entscheidet, mit wem man sich zusammentut und wen man versucht zu BEEINFLUSSEN. Wenn es sich um ein großes Unternehmen handelt, sollte man nicht versuchen, ihnen eine neue, erweiterte Vision zu verkaufen - sie werden nicht in der Lage sein, sich anzupassen, und werden mit einer Immunreaktion reagieren - ganz gleich, was der Gegenstand ihres Unternehmens ist.


Selbst wenn es die Aufgabe des Unternehmens ist, Menschen zu helfen, sich zu verändern oder anzupassen, heißt das nicht, dass das Unternehmen dazu in der Lage ist, vor allem dann nicht, wenn die Art und Weise, wie es dies tut, hocheffektiv ist, aber schon seit Jahrzehnten besteht und fein abgestimmt wurde. Die Umstände um die Menschen herum ändern sich, aber die Menschen und ihre physische Verdrahtung haben sich seit Hunderttausenden von Jahren nicht verändert - wenn es darum geht, Menschen zu verändern, dann hat sich das Thema in den letzten 100 Jahren nicht geändert.


Es ist verlockend zu denken, dass es die perfekte Organisation sein wird, die den Menschen beibringt, sich an veränderte Umstände, wie den Klimawandel, anzupassen, und dass die Führung das wissen muss. Aber Menschen zu verändern, Psychologie und Coaching wurden in der Vergangenheit entwickelt, um die Menschen an die Gesellschaft anzupassen. Sie beruhen auf Traditionen. Man kann dies sogar erwähnen und eine solche Organisation nutzen, um Menschen bei der Anpassung an einen allmählichen Wandel zu helfen, aber sie wird nicht für einen radikalen Wandel nützlich sein, vor allem, wenn in der Vergangenheit eine große Zahl ihrer Kunden aus traditionellen, konservativen Verhältnissen kam und einige vielleicht sogar noch ehrlich davon überzeugt sind, dass die Erde flach und 5000 Jahre alt ist. (Ich verhöhne hier niemanden - das gibt es wirklich noch.)


Wenn sie noch nicht zur Newtonschen Physik übergegangen sind, dann versuchen Sie nicht, ihnen die Quantenphysik und den Klimawandel zu verkaufen, egal wie real er ist und wie sehr man sich mit letzterem auseinandersetzen muss.


Setze die Menschen dieser Firma nur in dem Bereich ein, in dem sie wirklich gut sind.


Wenn es sein muss, halten Sie sie zumindest eine Zeit lang zurück, damit sie nicht im Weg sind.


Aber versuche nicht, sie zu benutzen, um eine Gesellschaft an einen raschen, dringend notwendigen Wandel anzupassen - sie werde Euch nur bekämpfen.


Fange neu an.

Neue Organisation, neues Glück.


Und sei Dir bewusst, dass nur weil eine Person der Gründer und das Gesicht des Unternehmens ist, dies nicht bedeutet, dass es sich a) um ein kleines Unternehmen handelt und b) er immer noch die Macht hat, es zu führen und zu verändern. Er hat sich vielleicht schon vor Jahrzehnten aus dem Tagesgeschäft des Unternehmens zurückgezogen, und selbst wenn es Dir gelingt, ihn von der Notwendigkeit der Veränderung zu überzeugen, wird der in der Zwischenzeit geschaffene Überbau des Unternehmens immer noch nicht folgen können und wahrscheinlich sogar eine Immunreaktion gegen ihn erzeugen.


Wenn er für die von Ihnen vorgeschlagene Veränderung beweglich genug ist, kannst Du versuchen, mit ihm ein neues Unternehmen zu gründen, vorrausgesetzt, er hört auch wirlich zu und sieht Dich nicht nur nur als Versuchskanienchen, um seine neuen Theorien auszuprobieren. Wenn Du aber auch in dem neuen „Skunk Works“ eine Immunreaktion bekommst, solltest Du Dir darüber im Klaren sein, dass a) er wahrscheinlich nicht in der Lage ist, die Veränderung zu leiten oder ihr sogar zu folgen, und b) egal, wie sie aussieht, er Dich nicht als Partner sieht und vielleicht nicht einmal hört, was Du wirklich sagst, wenn es nicht in sein Universum passt.


Du kannst eine Weile versuchen, so laut zu schreien, und so penetrant zu sein, dass er Dich hören muss, aber im Endeffekt wird er Dich nur als "respektlos" sehen und versuchen "zu erziehen".


Spar Dir den Athem. Lerne von ihm das, worin er wirklich noch gut ist, und was wirklich noch gebraucht wird. Es kann sein, dass er darin der Beste auf der Erde ist.


Und dann benutze es, etwas zu erschaffen, was jetzt gebraucht wird, aber was er nicht mehr erschaffen kann.


Es mag schwer sein, das zu erkennen, wenn er oder die große Firma das übliche "matching & mirroring" anwenden, d.h. Dir effektiv um den Mund zu reden, um Dich davon zu überzeugen, dass sie genau wie Du sind, bis sie versuchen, Dich dorthin zurückführen, wo sie sind. In unserer Kultur hat dieses Verhalten - aus gutem Grund - einen sehr schlechten Ruf, weil in Deutschland die Wahrheit ein hohes Gut ist, und Manipulation - auch aus gutem Grund - sehr schlecht angesehen ist, aber in anderen Ländern, wie den meisten Ländern im Englisch-sprachigen Raum, ist dies eine völlig akzeptierte Taktik, die im Übrigen auch überall im Marketing angewendet wird.


Sei Dir dessen bewußt - selbst gute Menschen mögen versuchen, dies bei Dir anzuwenden, da es in ihrer Welt nicht als "schlecht" gilt. Und wenn Du keinen direkten Zugang habst, ist es noch schlechter zu erkennen, vor allem, wenn Dein eigenes Wunschdenken im Weg steht, weil diese Leute in Deiner Zukunftsvision einfach perfekt wären, wenn sie aktiviert werden könnten.


Wie jede Ehefrau irgendwann zu ihrem Leidwesen feststellt, kann man einen Mann nicht verändern, so dass er perfekt zu unserer Vision passt, selbst wenn nur ein paar winzige Änderungen oder sogar nur Erweiterungen seiner Vision notwendig wären - wenn er sich nicht verändern will. Er wird dadurch reagieren, dass er genau in die andere Richtung gehen, nur um Dir zu zeigen, dass ER der Boss ist, vor allem, wenn er eine Menge Immunreaktionen von seiner Umgebung/Firma bekommt. Er wird sich an die Menge anpassen, da wo es einfacher ist, wie es Männer schon immer getan haben, egal wie wenig nützlich die Veränderung für das Ganze wäre - er wird das nicht einmal sehen, weil er das Ganze, wie Du es siehst, nicht sieht.


Und Du wirst sicherlich nicht in der Lage sein, eine Organisation voller solcher Männer zu ändern.


Warum ist Al Gore anders?


Das ist er nicht wirklich.


Es ist nur so, dass er den Klimawandel schon vor 35 Jahren sah, als er ein junger Mann war. Er war also seiner Zeit so weit voraus, dass er sich nicht ändern musste. Die Zeit holte ihn einfach ein.


Und das ist auch der Grund, warum er sich jetzt darauf konzentriert, junge Menschen zu unterrichten, wie sie es alle tun, denn junge Menschen sind noch beweglich genug, um sich zu ändern, oder sie haben die alten Ideen noch gar nicht fest verankert. Deshalb konzentriert sich die alte Garde auch auf sie - um sicherzustellen, dass sie IHRE Wege bewahren.


Die jungen Menschen sind also zum mentalen Schlachtfeld zwischen den Alten und den Neuen geworden. Und weil die Alten nun Wege gefunden haben, sich selbst zu verewigen, anstatt die Erneuerung zuzulassen, die von der Natur eingerichtet wurde, um die Verkalkung von Strukturen zu vermeiden, kann es gut sein, dass die Alten am Ende die Welt für die Neuen zerstören, oder sogar DURCH diejenigen, die die Fackel für die Neuen tragen sollten.


Vielleicht wäre es für die Alten gut, sich ein Beispiel an den Weisen vor tausenden von Jahren zu nehmen und die notwendigen Veränderungen nicht zu verhindern - sondern sich stattdessen darauf konzentrieren, Wahrheiten zu vermitteln, die zeitlos sind.


Und da sind Metaphern, Stories und Gleichnisse so nützlich - denn die Botschaft kann zeitlos gemacht werden.


Diese, z.B., passt hier:


"Auch füllt niemand neuen Wein in alte Schläuche. Denn der neue Wein zerreißt die Schläuche; er läuft aus und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuen Wein muss man in neue Schläuche füllen. Und niemand, der alten Wein getrunken hat, will neuen; denn er sagt: Der alte Wein ist besser."

Bibel, Lukas 5, 37-39


Leider versteht man die Gleichnisse natürlich oft dann erst, wenn man den Fehler schon gemacht hat und die Botschaft verstanden hat...aber wenigstens kann man damit sein eigenen Resultate überprüfen.

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